Weltstillwoche in Deutschland

Die Weltstillwoche findet in Deutschland alljährlich in der 40. Kalenderwoche statt und richtet sich vorrangig an Mütter und ihr Umfeld. Als Initiatorin der World Breastfeeding Week richtet die WABA sich international und vor allem im asiatischen Raum an das Fachpersonal der Stillförderung. Mit der gewachsenen Eigenständigkeit der deutschen Weltstillwoche kreieren die Nationale Stillförderung und weitere Organisationen am Runden Tisch so seit Jahren eine Weltstillwoche, deren zielgerichteteres Motto sich vom internationalen weitgehend losgelöst hat. Wie beim Veranstaltungstermin macht es auch bei den Inhalten einfach Sinn, auf nationale Gegebenheiten eingehen zu können.

Stillen im Beruf - Kenne deine Rechte

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Stillen im Beruf unterstützen - aus gutem Grund

Es gibt gute Gründe, Mütter beim Weiterstillen zu unterstützen, wenn sie in den Beruf zurückkehren.

Eine längere Stillzeit verringert das Risiko für viele Erkrankungen von Müttern und Kindern, z. B. für akute Atemwegs- und Durchfallerkrankungen der Kinder oder Brustkrebs der Mütter [Victora 2016]. Auf der individuellen Ebene trägt es zur Gesundheit und damit zum Wohlbefinden der Familie bei. Auf der gesellschaftlichen Ebene entlastet längeres Stillen das Gesundheitssystem.

Stillen hat damit große gesellschaftliche Auswirkungen. Es bleibt immer die persönliche Entscheidung einer jeden Frau, ob und wie lange sie stillt. Damit aber ihr Stillwunsch gelingt, braucht sie die passenden Informationen und Bedingungen. Dies gilt ganz besonders, wenn sie in den Beruf zurückkehrt. Daher ist es die Aufgabe unserer Gesellschaft, solche unterstützenden Bedingungen zu schaffen. [Rollins 2016].

Die Profisportlerin Sophie Power  pumpte und stillte ihren Sohn während ihrer Ultramarathonläufe – ihr Bild ging um die Welt.
Foto: Alexis Berg

Das Mutterschutzgesetz unterstützt das Weiterstillen im Beruf

Informationen für Mütter und Familien

Das ist gut möglich, denn in Deutschland unterstützt das Mutterschutzgesetz Sie dabei. Informieren Sie Ihre Arbeitgebenden einfach über Ihren Stillwunsch, denn ab diesem Zeitpunkt gelten folgende Regelungen des Mutterschutzgesetzes:

 

  • Schutz vor gesundheitlichen Gefährdungen

    Arbeitgebende sind während der gesamten Stillzeit verpflichtet, Ihre Arbeitsbedingungen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen.

    • MuSchG § 9 fordert, unverantwortbare Gefährdung für Mutter und gestilltes Kind am Arbeitsplatz auszuschließen.
      Entsprechend verlangt § 10 eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgebenden und angemessene Schutzmaßnahmen.
      § 12 benennt unzulässige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für stillende Frauen.
      § 13 legt die Rangfolge der Schutzmaßnahmen fest:

      • 1. Umgestaltung der Arbeitsbedingungen
      • 2. Arbeitsplatzwechsel
      • 3. betriebliches Beschäftigungsverbot
  • Schutz durch angepasste Arbeitszeiten

    Sie müssen während der gesamten Stillzeit keine Mehrarbeit, keine Nachtarbeit und in der Regel auch keine Sonn- und Feiertagsarbeit leisten.

    • MuSchG § 4 verbietet Mehrarbeit, § 5 verbietet Nachtarbeit, § 6 verbietet, mit Ausnahmen, Sonn- und Feiertagsarbeit, § 8 beschränkt die Heimarbeit.

  • Recht auf bezahlte Stillzeiten

    Bei einer Vollzeitbeschäftigung stehen Ihnen mindestens 2 x 30 Minuten oder 1 x 60 Minuten Stillzeit zu. Dieses Recht gilt bis zum 1. Geburtstag Ihres Kindes.
    Wichtig: Kommunizieren Sie Ihrem Arbeitgebenden bei der Rückkehr, dass Sie diese Stillzeiten in Anspruch nehmen.

    • MuSchG § 7 benennt das Recht auf Freistellung zum Stillen während der ersten 12 Monate nach Geburt, § 23 legt fest, dass die Freistellung zum Stillen bezahlte Arbeitszeit ist.

  • Recht auf privat nutzbaren Raum zum Stillen oder Milchgewinnen

    Ein abschließbarer Raum mit einer passenden Sitzgelegenheit, einer Abstellmöglichkeit, einem Waschbecken und einer Kühlmöglichkeit ist empfehlenswert.

  • MuSchG § 29 ermöglicht den Aufsichtsbehörden, gegebenenfalls ergänzende Kriterien zur Freistellung zum Stillen und zu den geeigneten Räumlichkeiten anzuordnen.

 

Geltungsbereich des Mutterschutzgesetzes

Das Mutterschutzgesetz gilt für alle (werdenden) Mütter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen. Es gilt auch für Heimarbeiterinnen, Hausangestellte, geringfügig Beschäftigte, weibliche Auszubildende und unter bestimmten Voraussetzungen auch für Schülerinnen und Studentinnen. Für Beamtinnen gelten die Mutterschutzverordnungen des jeweiligen Landes bzw. des Bundes.

 

Internationale Regelungen

Mutterschutz und Unterstützung des Stillens sind überall auf der Welt essentiell. Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO), International Labour Organisation (ILO) hat bereits 1919 ein erstes internationales Übereinkommen zum Mutterschutzbeschlossen. Die letzte Überarbeitung, ILO 183, ist am 7.2.2002 in Kraft getreten. In Deutschland wurde sie 2019 ratifiziert. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens sind im deutschen Mutterschutzgesetz enthalten. International Labour Organisation (ILO) (2000). Maternity Protection Convention No. 183. Deutsch: Internationale Arbeitsorganisation (2000) Übereinkommen 183

Praktische Tipps für den Alltag

Ein bisschen Vorbereitung hilft allen Beteiligten. Es lohnt sich beispielsweise, schon vor Rückkehr in den Beruf damit anzufangen, Muttermilch von Hand zu gewinnen oder abzupumpen. So können Sie sich in Ruhe mit der Technik vertraut machen und einen kleinen Milchvorrat anlegen.

Bevor Sie zur Arbeit gehen, wecken Sie Ihr Kind ruhig noch einmal zum Stillen. Während Ihrer Abwesenheit kann Ihr Kind dann Muttermilch bekommen, oder auch Beikost, wenn es schon älter ist. Ist Ihr Kind bei Ihnen, stillen Sie einfach wie gewohnt weiter.

Übrigens: Babys berufstätiger Mütter möchten oft nachts mehr Körperkontakt, mehr Mama und mehr Milch. Lassen Sie Ihr Kind daher gern in Ihrer unmittelbaren Nähe schlafen.

 

  • Muttermilch von Hand gewinnen

Muttermilch lässt sich wirksam und schnell, auch von Hand gewinnen. Die Methode ist praktisch, gut zu lernen und macht unabhängig von technischen Hilfsmitteln und von Strom. Eine Anleitung finden Sie hier.

 

  • Muttermilch abpumpen

Für ein regelmäßiges Abpumpen ist eine elektrische Milchpumpe bequemer und effektiver als eine Handpumpe. Pumpen mit Akkus machen unabhängiger.

Mit einem Doppelpumpset können Sie beide Brüste gleichzeitig abpumpen, das spart Zeit. Probieren Sie verschiedene Absaughauben, um eine für Sie passende Größe zu finden.

Eine Tasche oder ein Rucksack für Ihre Pumpe, mit Platz für Flaschen und einer Kühltasche mit entsprechenden Kühlakkus wird Ihnen unterwegs gute Dienste leisten.

 

  • Muttermilch aufbewahren

Die gewonnene Muttermilch kühlen Sie zügig im Kühlschrank oder in Ihrer Kühltasche. Auch auf dem Heimweg sollte die Milch weiter gekühlt werden.

Es ist sinnvoll, die Milch möglichst bald zu füttern oder direkt einzufrieren. Bei 4 bis 6°C – hinten im Kühlschrank – hält Muttermilch sich vier Tage. Ist sie portionsweise bei –18 °C eingefroren, können Sie die Milch mehrere Monate lang aufbewahren.

Gefrorene Muttermilch können Sie im Kühlschrank, in warmem Wasser oder in einem Flaschenwärmer auftauen. Verwenden Sie kein Mikrowellengerät. Es erhitzt die Milch ungleichmäßig, sodass das Kind sich verbrühen könnte. Die aufgetaute Milch sollte innerhalb von 24 Stunden verbraucht werden.

Siehe auch:
Aktuelle Stellungnahmen der NSK  Nationale Stillkommission (NSK): Gewinnung, Aufbewahrung und Umgang mit abgepumpter Muttermilch für das gesunde, eigene Kind zu Hause
Academy of Breastfeeding Medicine (ABM) (2017) ABM Klinisches Protokoll Nr. 8: Aufbewahrung von Muttermilch.

 

  • Muttermilch in der Kita oder Tagespflege

Natürlich kann auch in einer Kindertagesstätte. oder in der Tagespflege mitgebrachte Muttermilch gefüttert werden, siehe Merkblatt für Eltern und für Betreuungspersonal

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Informationen für Arbeitgebende

Ihre Mitarbeiterin möchte im Beruf weiterstillen?

Als Arbeitgebende oder Führungskraft haben Sie ein klares Interesse daran, gute Mitarbeiterinnen zu halten bzw. nicht lange auf sie verzichten zu müssen. Hier können Sie selbst aktiv werden: Ermöglichen Sie Ihren Mitarbeiterinnen eine gut vorbereitete und zeitnahe Rückkehr in den Beruf. Unterstützen Sie aktiv das Stillen! Alle Beteiligen profitieren davon.

Mehrere Paragrafen im MuSchG beziehen sich auf das Stillen, siehe oben.

 

Betriebliche Voraussetzungen schaffen

Stillen ist Bestandteil des Mutterschutzgesetzes. Die Umsetzung der mütterlichen Rechte sollte von Führungskräften verantwortet werden. Ein innerbetrieblicher Ablaufplan erleichtert diese Aufgabe. Es ist sinnvoll, Mitarbeitende regelmäßig zum Thema Mutterschutz zu unterweisen und ihnen Informationsmaterial dazu anzubieten.

Ein Raum zum Stillen oder Muttermilchgewinnen ist bereitzustellen. Der Raum sollte abschließbar sein, sodass die Privatsphäre gesichert ist. Er sollte eine passende Sitzgelegenheit und eine Stellfläche haben. Ein Waschbecken und eine Kühlmöglichkeit sind aus hygienischen Gründen empfehlenswert.

 

Praktisches Vorgehen

  • Bei Meldung einer Schwangerschaft

Wenn eine Mitarbeiterin ihre Schwangerschaft meldet, wird sie über ihr Recht auf Stillzeiten und die betrieblichen Möglichkeiten der Stillunterstützung bei Rückkehr an den Arbeitsplatz schriftlich und mündlich informiert.

Mit der schwangeren Mitarbeiterin wird ein Gespräch zur Arbeitsplatz- und Gefährdungsbeurteilung (GBU) in Schwangerschaft und Stillzeit geführt.

 

  • Bei Rückkehr aus Mutterschutz oder Elternzeit

Die stillende Mitarbeiterin meldet vor oder bei der Rückkehr aus Mutterschutz oder Elternzeit dem Arbeitgebenden, dass sie stillt. Daraufhin erfolgen gemeinsame Absprachen zur Umsetzung, gegebenenfalls werden auch Teammitglieder informiert. Die Vereinbarungen können bei Bedarf natürlich auch angepasst werden.

Die Arbeitsplatzbedingungen werden bei der Rückkehr erneut überprüft und bei Bedarf entsprechende Schutzmaßnahmen veranlasst.

 

  • Im weiteren Verlauf der Stillzeit

Der Anspruch auf Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und auf angepasste Arbeitszeiten besteht für die gesamte Stillzeit – ohne zeitliche Begrenzung.

Mit dem ersten Geburtstag des Kindes endet nur das Recht auf bezahlte Freistellung.