Hintergrund und Ziel

Zwischen der einzelnen Familie und den Herstellern von Muttermilchersatzprodukten besteht ein großes strukturelles Ungleichgewicht bei den Möglichkeiten, die jeweiligen Interessen durchzusetzen. Durch die massive Verkaufsförderung für Muttermilchersatz ging im 20. Jahrhundert das Stillen weltweit zurück. Vor allem in den Ländern der Dritten Welt stieg dadurch die Säuglingssterblichkeit stark an. Es wurde deutlich, dass das Stillen gegen die Marktmacht der Firmen geschützt werden musste.

In den siebziger Jahren haben WHO und UNICEF das Thema aufgegriffen.  Zwischen 1979 und 1981 fanden intensive Gespräche statt, mit Regierungen, Wissenschaftlern, Babynahrungsindustrie und Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Der Weltgesundheitsversammlung (WHA, World Health Assembly), dem Parlament der WHO, wurde dann im Mai 1981 der Internationale Kodex zur Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten als Anhang zu einer Resolution vorgelegt und verabschiedet.

Ziel dieses Kodex ist es, „zur sicheren und ausreichenden Ernährung von Säuglingen beizutragen, durch Schutz und Förderung des Stillens“. Wenn Muttermilchersatz benötigt wird, soll er in geeigneter Weise verwendet werden, „auf der Grundlage sachgemäßer Information und durch angemessene Vermarktung und Vertrieb“. Der Geltungsbereich des Kodex umfasst Muttermilchersatzprodukte, Flaschen und Sauger.

Zentrale Aussagen des Kodex

  • Der Kodex schützt alle Familien und Kinder: Seine Vorgaben zur strikten Regulierung der Vermarktung von Muttermilchersatz verhindern, dass durch die Vermarktung das Stillen untergraben wird. Für nicht (ausschließlich) gestillte Kinder verlangt er, dass ihnen Ersatznahrung zur Verfügung steht, die für Säuglinge geeignet ist und international gültige Qualitätsstandards einhält. 
  • Der Kodex gilt für jedweden Ersatz für Muttermilch: Er gilt für alle Produkte, die für die ersten sechs Lebensmonate angeboten werden, einschließlich Tee – in den ersten sechs Monaten sollen Säuglinge nur Muttermilch bekommen. Und er gilt für Folgemilchen und sogenannte Kleinkindermilchen, die für Kinder bis zum Alter von 3 Jahren vermarktet werden – die WHO empfiehlt, dass Kinder bis zum Alter von 2 Jahren oder darüber hinaus neben geeigneter Beikost weiter gestillt werden.
  • Der Kodex gilt auch für Flaschen und Sauger. Stillhilfsmittel (Milchpumpen) werden nicht erfasst.
  • Die Vermarktungsvorschriften umfassen mehrere Bereiche:
  • keine Kaufanreize für Familien: keine Werbung in der Öffentlichkeit; keine Sonderverkäufe, Rabatte oder sonstigen Anreize; keine Proben, Kalender oder andere Werbegegenstände mit Firmenlogo.
  • keine Sympathiewerbung durch direkte Ansprache der Familien über Firmenpersonal, Beratungshotlines, persönliche Briefe etc.
  • keine Interessenkonflikte im Gesundheitssystem: keine Geschenke an Einrichtungen, einzelne Mitarbeiter*innen oder Berufsverbände; kein Sponsoring von Fortbildungen oder Veranstaltungen.

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